Ein erster Überblick

Was du über sexualisierte Gewalt wissen solltest

Vielleicht hast du in diesem Moment viele Fragen oder bist dir nicht ganz sicher, ob das, was du erlebt hast, eine Form von sexualisierter Gewalt war. Das ist okay. Gewalt ist nicht immer so leicht zu erkennen, wie man vielleicht denken könnte. Um das besser einschätzen zu können, findest du hier einen Überblick darüber, der dir helfen kann, deine Erlebnisse besser einzuordnen.

Ich weiß, dass es schwer fallen kann, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen, und es ist völlig normal, wenn dich das belastet. Denk immer daran, dass du jederzeit eine Pause einlegen kannst und dass du in keiner Weise Schuld daran trägst, was dir widerfahren ist.

Bei sexualisierter Gewalt wird sexuelle Intimität mit Gewalt verbunden

Sexualisierte Gewalt bedeutet, dass dir sexuelle Handlungen oder Intimitäten aufgezwungen werden, die du eigentlich nicht willst. Im Gegensatz zu einvernehmlicher Sexualität, die auf gegenseitigem Einverständnis und Respekt basiert, wird Sexualität also als Mittel eingesetzt, um Macht und Kontrolle über eine andere Person auszuüben. Das bedeutet, dass nicht das Suchen von körperlicher Nähe oder Lust im Vordergrund steht, sondern das Durchsetzen eigener Bedürfnisse auf Kosten der anderen Person.

Es gibt ein weit verbreitetes Klischee, dass sexualisierte Gewalt nur von Fremden begangen wird, etwa auf dunklen Straßen oder in abgelegenen Ecken. Tatsächlich ist es jedoch so, dass die meisten Menschen, die einen sexuellen Übergriff erleben, die Person, die übergriffig oder gewalttätig wird, bereits kannten – manchmal nur oberflächlich, oft aber sehr gut. Diese Person könnte aus dem Bekannten- oder Freundeskreis kommen, aus der Nachbarschaft, einem Verein oder aus deinem engsten Umfeld. 


So kann sexualisierte Gewalt aussehen


Sexualisierte Gewalt kann viele Formen annehmen, die nicht immer so leicht als Gewalt erkannt werden. Sie beginnt schon mit verbalen Angriffen, wie zum Beispiel anzüglichen oder beleidigenden Kommentaren. Diese verbalen Übergriffe können auch indirekt stattfinden, etwa durch Belästigungen im Internet oder über soziale Medien. Ein weiteres Beispiel ist das Zurschaustellen des eigenen Körpers vor anderen Personen, die dies nicht wollen. Dieses Verhalten wird als Exhibitionismus bezeichnet und stellt ebenfalls eine Form der sexualisierten Gewalt dar.

Vor allem umfasst sexualisierte Gewalt jede sexuelle oder intime Handlung, die gegen deinen Willen erfolgt. Das kann unerwünschtes Berühren oder Begrapschen sein, Nötigung oder auch Vergewaltigung, also Geschlechtsverkehr, der gegen deinen Willen passiert. Wenn du dich in einer Situation unwohl fühlst oder dich zu sexuellen Handlungen gedrängt oder gezwungen fühlst, dann ist das nicht in Ordnung. Du hast das Recht, Grenzen zu haben und sie klar zu kommunizieren, und es ist die Pflicht der anderen Person, sofort mit dem aufzuhören, was du nicht willst. Das gilt natürlich genauso, wenn du mit einer Person in einer festen Beziehung bist.

Im rechtlichen Sinn haben die Begriffe “sexuelle Belästigung”, “sexuelle Nötigung”, sexueller Übergriff” und “Vergewaltigung” unterschiedliche Bedeutungen. Mehr über die verschiedenen Formen von Gewalt und ihre rechtliche Bedeutung erkläre ich dir hier. 


Wo sexualisierte Gewalt passiert

Sexuelle Übergriffe können überall passieren: in der Öffentlichkeit, am Arbeitsplatz, in Pflegeeinrichtungen oder auf einer Geburtstagsfeier. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sexualisierte Gewalt auch in scheinbar vertrauten oder sicheren Umgebungen stattfindet. Es ist natürlich auch möglich, dass die sexualisierte Gewalt von einer Person ausgeht, die die betroffene Person gar nicht kennt und die ihr fremd ist. Viel häufiger ist es allerdings, dass Betroffene und Täter*innen sich schon vorher kennen und sich im gleichen Umfeld bewegen.

Es ist ein besonderes Merkmal von sexualisierter Gewalt, dass sie vor allem da ausgeübt wird, wo schon ein gewisses Machtverhältnis besteht. Oft ist sie ein weiterer Machtfaktor in einer Beziehung zwischen zwei Menschen, die schon vorher von ungleichem Status geprägt ist. Das kann die Beziehung zwischen Chef*in und Mitarbeiter*in sein, oder zwischen Trainer*in und Sportler*in, oder zwischen Erwachsenen und Kindern – oder in einer partnerschaftlichen Beziehung, in der es oft auch schon andere Formen von Gewalt und Kontrolle gibt

Wer sexualisierte Gewalt erlebt

Sexualisierte Gewalt betrifft in besonderem Maße Menschen, die auch in anderen Bereichen Diskriminierung erfahren. Dazu gehören zum Beispiel Frauen, queere Personen, Menschen mit Migrationshintergrund oder behinderte Menschen. Diese Gruppen befinden sich häufig in Situationen, in denen ihnen gesellschaftlich ein geringerer Status zugeordnet wird als privilegierten Menschen – was Täter*innen wissen und ausnutzen können.

Dennoch kann sexualisierte Gewalt grundsätzlich jede Person treffen, weil es eben auf das Machtverhältnis zu Täter*innen ankommt – egal wie stark, privilegiert oder selbstbewusst eine Person wirkt. Was für alle Menschen gleichermaßen gilt, ist natürlich, dass niemand das Recht hat, sexuelle Grenzen einer anderen Person zu überschreiten.

Es gibt viele Klischees und Vorurteile wegen Geschlechterrollen

Es gibt viele Klischees über sexualisierte Gewalt, die in den Medien und der Gesellschaft allgemein verbreitet sind. Ein häufiges Bild ist, dass Täter*innen immer Männer sind und die Opfer stets Frauen. In Wahrheit können auch Männer sexualisierte Gewalt erfahren, was oft mit zusätzlichen Belastungen verbunden ist, da es dem gesellschaftlichen Bild des „starken Mannes“ widerspricht. Für Männer ist es deshalb oft besonders schwer, sich zu öffnen, über das Erlebte zu sprechen und die Unterstützung zu bekommen, die sie verdienen.

Wenn queere Menschen Gewalt erfahren, treffen sie ebenfalls viele Vorurteile. Gerade bei sexualisierter Gewalt in Beziehungen zwischen queeren Menschen wird deshalb oft darüber geschwiegen. Insbesondere, wenn die Täter*in eine Frau oder eine nicht-binäre Person ist. Das kann ebenfalls zu einer zusätzlichen Hürde führen, über das Erlebte zu sprechen und sich Unterstützung zu holen.

Wie du jetzt Unterstützung findest


Sexualität ist für viele Menschen ein sehr privates und intimes Thema. Es kann mit großer Scham und Angst verbunden sein, sich klarzumachen, dass man von sexualisierter Gewalt betroffen ist. Doch es ist nicht deine Schuld, was dir widerfahren ist und du bist nicht allein. Viele Menschen haben Ähnliches erlebt wie du.

Der erste Schritt zu mehr Sicherheit und Heilung besteht oft darin, sich einer anderen Person zu öffnen, der man vertraut. Das kann eine persönliche Vertrauensperson sein, aber es gibt auch professionelle Hilfsangebote und Anlaufstellen, die dir helfen können, darüber zu sprechen und herauszufinden, wie du mit dem Erlebten umgehen kannst.

Wenn du zuerst mehr über häufige rechtliche Formen wissen möchtest, in die sexualisierte Gewalt eingeordnet wird, habe ich das hier für dich erklärt.

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