Was du über Gewalt in Beziehungen wissen solltest

Vielleicht hast du in diesem Moment viele Fragen und bist dir nicht ganz sicher, ob das, was du erlebt hast, eine Form von Gewalt in Beziehungen war. Das ist okay. Gewalt ist nicht immer so leicht als Gewalt zu erkennen, wie man vielleicht denken könnte. Um das besser einschätzen zu können, findest du hier einen Überblick darüber, was du über Gewalt in Beziehungen wissen solltest.

Vielleicht hast du in diesem Moment viele Fragen und bist dir nicht ganz sicher, ob das, was du erlebt hast, eine Form von Gewalt in Beziehungen war. Das ist okay. Gewalt ist nicht immer so leicht als Gewalt zu erkennen, wie man vielleicht denken könnte.  
Um das besser einschätzen zu können, findest du hier einen Überblick darüber, was du über Gewalt in Beziehungen wissen solltest. 

Was ist Gewalt in Beziehungen?

Egal, ob du weißt, dass das, was in deiner Beziehung passiert, Gewalt ist oder ob du gerade dabei bist, es herauszufinden: dieser Überblick kann dir helfen, deine Erlebnisse besser einzuschätzen.  
Ich weiß, dass es schwer fallen kann, sich etwas über Gewalt durchzulesen. Deshalb denk immer daran, dass du jederzeit eine Pause machen kannst und dass du in keiner Weise Schuld daran hast, was dir passiert ist.

Egal, ob du weißt, dass das, was in deiner Beziehung passiert, Gewalt ist oder ob du gerade dabei bist, es herauszufinden: dieser Überblick kann dir helfen, deine Erlebnisse besser einzuschätzen.  
Ich weiß, dass es schwer fallen kann, sich etwas über Gewalt durchzulesen. Deshalb denk immer daran, dass du jederzeit eine Pause machen kannst und dass du in keiner Weise Schuld daran hast, was dir passiert ist.  
 

Du erlebst Gewalt. Und sie geht von der Person aus, mit der du in einer Beziehung bist 

Jemand, dem du eigentlich vertraust und magst. Jemand, von dem du das nicht erwartet hättest. Jemand, bei dem du dich eigentlich sicher gefühlt hast.  

In der Beziehung Gewalt zu erfahren kann Angst machen, verwirren, deine Welt ganz durcheinanderbringen. Und das muss keine feste Beziehung sein, sondern kann auch bedeuten, dass ihr eher ein lockeres Verhältnis habt, egal ob sexuell oder romantisch. Ihr müsst auch nicht zusammenwohnen, und ihr könnt sogar schon länger getrennt sein. 

Aber es muss es sich nicht unbedingt um eine Liebesbeziehung handeln. Auch wenn zwei Menschen sich in irgendeiner anderen Form nahestehen, zum Beispiel innerhalb der Familie oder in einer Freundschaft, spricht man von Beziehungsgewalt. Von Gewalt negativ betroffen sind auch oft Kinder und Jugendliche, wenn sie miterleben, was zwischen den Erwachsenen in ihrem Leben passiert.   
 

Gewalt in Beziehungen sieht nicht immer gleich aus 

Klar, bei dem Wort Gewalt denkt man erstmal an körperliche Gewalt wie Schlagen, Schubsen oder Festhalten. Aber Gewalt kann auch emotional oder psychisch sein, zum Beispiel wenn deine Beziehungsperson dich seelisch verletzt oder emotional kontrolliert. Drängen zu Sex und sexuell übergriffiges Verhalten sind ebenfalls Gewalt.  

Die verschiedenen Formen von Gewalt sind natürlich nicht immer getrennt, sondern gehen ineinander über oder finden gleichzeitig statt. Und alle Formen von Gewalt können deine Gesundheit und dein Selbstbewusstsein angreifen. 

Als Gewalt zählt mehr als nur körperliche Verletzung wie Schubsen, Festhalten oder Schlagen. Auch seelische Verletzungen und emotionale Kontrolle können dazu gehören. Solche Formen von Gewalt können eine genauso große Belastung sein wie körperliche Gewalt und greifen deine Gesundheit und dein Selbstbewusstsein an. Drängen zu Sex und Vergewaltigung sind ebenfalls Formen von Gewalt. Oft gehen die verschiedenen Formen von Gewalt auch ineinander über oder finden gleichzeitig statt.   
 

Oft wird die Schuld auf die betroffene Person geschoben 

Menschen, die ihren Partner*innen gegenüber gewalttätig sind, versuchen oft, sie emotional zu verwirren. Zum Beispiel behaupten sie, dass die betroffene Person irgendwas gemacht hat, um sie zu provozieren – mit ihrem Verhalten oder ihrem Aussehen.  

So wird die Schuld auf die betroffene Person geschoben. In Wirklichkeit aber wenden Täter*innen Gewalt an, um Kontrolle über die Situation zu behalten und die Macht in der Beziehung auf ihrer Seite zu haben.  

Personen, die in ihrer Beziehung gewalttätig werden, sagen oft, dass sie aus Eifersucht, Verlustangst oder Wut so handeln. Ob Ausrede oder Wahrheit: die Verantwortung liegt trotzdem bei der gewalttätigen Person selbst, mit negativen Emotionen umzugehen und andere Wege zu finden, Frustration zu bewältigen. Das ist kein Grund oder mildernder Umstand, die es entschuldigen, die Beziehungsperson zu verletzen oder ihr körperlich oder seelisch zu schaden.   

Gewalt ist keine Lösung, ganz egal, was es für Konflikte in der Beziehung gibt. 
 

Gewalt wird oft als Privatsache behandelt – und das ist ein Problem 

Manchmal ist die Gewalt für Außenstehende nicht sichtbar, und oft wird weggeschaut. Dann kann es sich super schwierig und unmöglich anfühlen, Hilfe zu suchen und zu finden.  

Oft spüren Menschen, die von ihrer Partner*in Gewalt erfahren, Verunsicherung und Scham. Und es kann auch gefährlich für sie sein, sich an andere zu wenden. So haben sie das Gefühl, mit der Situation allein klarkommen zu müssen, und viele Fälle von Gewalt dringen nicht nach außen und werden gar nicht erst bekannt. Gewalt in Beziehungen ist viel häufiger, als man denkt – du bist nicht allein. 
 

Du bist nicht nur eine Zahl in einer Statistik 

Aber Zahlen können dabei helfen, dass du dich mit deinen Erfahrungen nicht so allein fühlst. Deswegen haben wir hier ein paar Fakten über Gewalt in Beziehungen und sexualisierte Gewalt für dich.   

  • In der EU haben 33% aller Frauen seit dem 16. Lebensjahr schon mal körperliche oder sexualisierte Gewalt erfahren. In Deutschland sind es sogar 40%.   

  • In Deutschland hat ein Viertel aller Frauen schon einmal körperliche oder sexualisierte Gewalt von einer Person erfahren, mit der sie zu dem Zeitpunkt oder zuvor in einer Beziehung war.  

  • In Deutschland haben 42% aller Frauen schon einmal psychische Gewalt wie Einschüchtern oder aggressives Anschreien erlebt.   

  • Ein Fünftel aller Frauen ab 15 Jahren hat in der EU schon einmal Stalking erlebt.  

Diese Statistiken gelten für Frauen und Mädchen. Daten über Gewalt gegen Männer werden in Deutschland und Europa nicht auf die gleiche Weise erhoben. Genauso wenig gibt es verlässliche Zahlen zu trans Personen, nicht–binären Personen, queeren Personen, Personen of Color, zu migrantischen oder behinderten Personen, oder Personen mit verschiedenen Religionen oder Konfessionen.  

Was wir aber sicher wissen: aufgrund der Diskriminierung, von der sie betroffen sind, erfahren diese Gruppen höhere Raten von Gewalt. Das beweisen Umfragen unter Betroffenen und Erfahrungswerte von Expert*innen.
 

Wer übt Gewalt aus? 

Bei häuslicher Gewalt oder Gewalttätigkeit insgesamt denken viele Menschen oft an männliche Täter und weibliche Opfer – der Frauenschläger und die Frau, die ins Frauenhaus flüchtet. Und während die meisten Betroffenen von Beziehungsgewalt tatsächlich Frauen mit männlichen Partnern sind, wird Gewalt grundsätzlich trotzdem von Personen aller Geschlechter erfahren und ausgeübt.

Genauso kann Beziehungsgewalt überall in der Gesellschaft stattfinden – egal, in welchem sozialen Umfeld man sich bewegt, wie viel Geld man verdient, oder welchen Bildungsabschluss oder kulturellen Hintergrund man hat. Wenn eine Person aber von einer oder mehreren Formen von Diskriminierung betroffen ist, ist es wahrscheinlicher, dass sie auch von Gewalt betroffen ist.   

Jede Person hat das Recht auf eine Beziehung ohne Gewalt, in der sie sich respektiert und wertgeschätzt fühlt. Und es ist egal, ob es erst einmal einen Vorfall gab, oder bereits ein Muster in der Beziehung gibt. Gewalt stellt eine Verletzung deiner Rechte dar und ist in den allermeisten Fällen strafbar!  

Wenn du mehr über die verschiedenen Formen von Gewalt in Beziehungen erfahren willst, dann lies weiter.

Welche Arten von Gewalt in Beziehungen gibt es?

Viele Menschen haben ein ganz bestimmtes Bild davon, Gewalt in einer Beziehung ist. Dabei kann Gewalt ganz unterschiedliche Formen annehmen. Hier bekommst du einen ersten Überblick darüber, wie Gewalt in Beziehungen aussehen kann. Das kann dir vielleicht helfen, besser einzuordnen, was du erlebt hast.

Viele Menschen haben ein ganz bestimmtes Bild davon, Gewalt in einer Beziehung ist. Dabei kann Gewalt ganz unterschiedliche Formen annehmen. Hier bekommst du einen ersten Überblick darüber, wie Gewalt in Beziehungen aussehen kann. Das kann dir vielleicht helfen, besser einzuordnen, was du erlebt hast.

Gewalt in Beziehungen gibt es in ganz unterschiedlichen Formen 

Das Klischee über sogenannte “häusliche Gewalt” ist, dass sie vor allem körperlich ist. Zum Beispiel, dass du ein blaues Auge hast und es für dich und für andere Leute sofort auf der Hand liegt, was Sache ist. Gewalt kann sich aber auch rein psychisch ausdrücken, und somit zunächst unsichtbar sein.   

Oft kommen verschiedene Formen von Gewalt in Beziehungen zusammen und gehen fließend ineinander über. Zum Beispiel kontrolliert eine Person die andere zuerst immer mehr, bevor sie anfängt, sie körperlich anzugreifen.   

Gewalt kann in jeder Form von Partnerschaft stattfinden, in einer vertrauten Langzeitbeziehung genauso wie in einem lockeren Verhältnis. Und auch, wenn ihr eigentlich schon getrennt seid, gilt Gewalt als Beziehungsgewalt, weil sie immer noch etwas mit der Beziehung zu tun hat.  
 

Körperliche Gewalt  

Körperliche Gewalt ist ziemlich eindeutig als Gewalt erkennbar. Sie kann alles von Bedrängen, Festhalten, Schütteln, Stoßen und Schubsen, bis hin Kratzen, Würgen, Beißen und Schlagen – ob mit der Hand oder einem Gegenstand oder einer Waffe – umfassen. Aber sie kann noch viele weitere Formen annehmen.   
 

Sexualisierte Gewalt  

Sexualisierte Gewalt bedeutet, dass sexuelle Intimität mit Gewalt verbunden wird. Hier geht es nicht darum, körperliche Nähe oder Lust zu suchen – sondern darum, Sexualität als ein Mittel zu verwenden, um Macht und Kontrolle über eine andere Person auszuüben.  

Sexualisierte Gewalt ist jede sexuelle Handlung, die du nicht ausdrücklich möchtest. Wenn du dich bei Sex und anderer Körperlichkeit unwohl fühlst, oder sogar irgendwie dazu verpflichtet oder gezwungen wirst, ist das nicht in Ordnung. Du hast ein Recht darauf, das zu äußern und dass die andere Person sofort darauf Rücksicht nimmt.  

Im rechtlichen Sinn haben “sexueller Übergriff” und “Vergewaltigung” ganz bestimmte Bedeutungen. Strafrechtlich bedeutet es, dass man sich körperlich nicht wehren kann, zum Beispiel weil man festgehalten oder erdrückt wird. Aber auch Überreden und Bedrängen oder emotionaler Zwang zu sexuellen Handlungen kann eine Straftat sein.  

Du hast immer das Recht darauf, nein zu sagen. Sex, den du nicht möchtest, ist auch dann ein sexueller Übergriff, wenn ihr in einer Beziehung seid.
 

Emotionale Gewalt  

Im Gegensatz zu körperlicher Gewalt hinterlässt emotionale Gewalt keine direkt sichtbaren Spuren. Sie lässt sich oft einfacher oder länger verstecken – sowohl vor sich selbst als auch anderen Menschen. Deshalb kann es schwerer sein, sie zu erkennen. Emotionale Gewalt ist aber nicht „weniger schlimm“ als körperliche Gewalt. Sie kann genauso verletzen und krank machen.   

Natürlich ist es ganz normal, sich zu streiten, und in einer Beziehung manchmal Stress oder Konflikte zu haben. Emotionale Gewalt ist aber mehr als Streit. Es gehören zum Beispiel auch kontrollierendes Verhalten, Eifersuchtsausbrüche und Drohungen, Einschüchterungen oder Einsperren dazu. Auch emotionale Kälte und Vernachlässigung können Teil davon sein, genauso wie eine Person von der Familie oder befreundeten Menschen zu isolieren. Auch finanzielle Macht auszuüben, einer Person mit Beleidigungen das Selbstwertgefühl zu nehmen, die Erinnerungen einer Person anzuzweifeln oder ihr an allem Möglichen die Schuld zu geben, zählt dazu.   

Emotionale Gewalt muss immer ernst genommen werden – auch, weil sie sich oft zu körperlicher Gewalt weiterentwickelt.

Wenn du dich fragst, ob du in deiner Beziehung Gewalt erfährst

Menschen, die in ihrer Beziehung Gewalt erfahren, sagen oft, dass es ihnen anfangs schwer fiel, sie als Gewalt zu erkennen. Diese Fragen können es für dich einfacher machen, dir darüber klar zu werden. 

Menschen, die in ihrer Beziehung Gewalt erfahren, sagen oft, dass es ihnen anfangs schwer fiel, sie als Gewalt zu erkennen. Diese Fragen können es für dich einfacher machen, dir darüber klar zu werden. 

Manchmal ist es nicht leicht, Gewalt zu erkennen 

Die meisten Menschen denken, dass man Gewalt ganz einfach erkennt, wenn man davon betroffen ist. Leider ist das meist gar nicht so offensichtlich. Gewalt wird von Täter*innen und manchmal sogar von Außenstehenden oft kaschiert, geleugnet oder umgedeutet.  

Kontrolle wird als Liebe oder Sorge dargestellt. Oder die Verantwortung der gewalttätigen Person wird geleugnet und sie sucht immer wieder Ausreden für ihr Verhalten. Oder sie stellt sich als hilflos dar, und nur die betroffene Person kann ihr angeblich helfen.  

Wenn du dich fragst, ob du selbst von Gewalt in deiner Beziehung betroffen bist, kann das erstmal ein ziemlich beängstigendes Gefühl sein und ganz schön verwirren. Vielleicht bist du dir auch nicht sicher, woran du in deiner Beziehung genau bist, oder fragst dich, woher dieses merkwürdige Bauchgefühl immer wieder kommt.   

Hier habe ich deshalb ein paar Anzeichen und Warnsignale aufgelistet, an denen du erkennst, dass die Person, mit der du zusammen bist, emotionale oder körperliche Gewalt anwendet:   

  • Du wirst ständig darüber ausgefragt, wo du bist, was du für Pläne hast, mit wem du dich triffst oder ob noch andere Leute da waren. Wenn du das gefragt wirst, merkst du schon, dass irgendwie ein Vorwurf im Raum zu stehen scheint, als hättest du etwas falsch gemacht oder als könnte man dir nicht vertrauen. Wenn du keine Antwort gibst, wird die andere Person aggressiv oder laut oder meldet sich plötzlich einfach nicht mehr bei dir.   

  • Wenn du mal per Handy nicht erreichbar bist, weil du auf der Arbeit bist, oder der Akku leer ist, macht dein Partner Telefonterror. Wenn du irgendetwas zu deiner Verteidigung sagst, wird das Verhalten mit Sorge begründet oder dass man dir nicht vertrauen kann.  

  • Du verzichtest auf deine Hobbys und Interessen, weil deine Freundin dich dafür kritisiert, sich darüber lustig macht oder es als egoistisch bezeichnet.  

  • Die andere Person ist extrem eifersüchtig, und du traust dich schon gar nicht mehr, ihr von anderen Menschen zu erzählen – egal, ob es um jemand aus der Nachbarschaft, von der Arbeit oder aus dem Sportverein geht.  

  • Die andere Person baut sich im Streit aggressiv vor dir auf, kommt dir unangenehm nahe und versucht so, dich körperlich einzuschüchtern.   

  • Wenn es Streit gibt – und den gibt es leider immer wieder – wird die andere Person beleidigend. Die Dinge, die sie sagt, sind oft genau die, von denen die Person weiß, dass sie dich am meisten verletzen oder verunsichern werden. Du hast deshalb angefangen, immer darauf zu achten, was du sagst oder tust, weil du nichts provozieren und die Ruhe so lange wie möglich bewahren möchtest.   

  • Dein Partner fasst dich auf eine Art und Weise an, mit der du dich unwohl fühlst, auch wenn es dir eigentlich nicht gewalttätig vorkommt. Aber irgendwie gibt es manchmal Momente, in denen dich eine Berührung unglaublich nervös oder aufmerksam macht.   

  • Wenn du nicht mit ihr schlafen willst, fängt deine Partnerin einen Streit an und du musst so lange mit ihr verhandeln, bis du nachgibst. Du kannst nicht einfach keine Lust haben, sondern hast das Gefühl, dich rechtfertigen zu müssen oder ertappst dich selber bei dem Gedanken, dass es einfach schnell vorbei sein soll. Du spürst immer weniger gerne die Berührung deiner Partnerin und du hast langsam keine Lust mehr.   

  • Deine Freundin wird emotional verletzend und übergriffig. Später sagt sie, dass es ihr sehr leidtut und sie entschuldigt sich. Trotzdem kommt es immer wieder zu ähnlichen Situationen  

  • Deine Partnerin hat etwas an deinem Freundeskreis oder deiner Familie auszusetzen und möchte oft nicht, dass du sie siehst. Immer wieder wird dir gesagt, dass sie dir nicht guttun oder dass sie die Person, mit der du zusammen bist, verletzt haben. Am Ende ist es so schwierig und belastend, dass du immer häufiger nicht ans Telefon gehst, auf Nachrichten antwortest oder Verabredungen absagst.   

  • Wenn du deinem Freund sagst, dass du nicht mehr mit ihm zusammen sein willst, wegen der Art und Weise, wie er dich behandelt, wird er extrem emotional. Er findet Ausreden für sein Verhalten und bettelt dich an, ihm noch eine Chance zu geben. Du fühlst dich gefangen. Vielleicht droht er dir sogar an, dir oder sich selbst etwas anzutun oder sagt dir, dass du sowieso nie wieder jemand finden wirst oder von jemand anderem geliebt werden könntest.   

  • Wenn dein Partner dich schlecht behandelt hat, schiebt er dir die Schuld zu. Irgendwas hast du falsch gemacht, was ihn provoziert hat und er nicht anders konnte. Du bekommst immer wieder zu hören, dass er sich ja so nicht verhalten müsste, wenn du dich endlich mal ändern würdest oder an “die Regeln” halten würdest. “Die Regeln” habt ihr aber nie gemeinsam festgelegt, sondern nur die andere Person.   

  • Deine Freundin lässt dir keinen Raum für dich selbst und muss jede Minute mit dir verbringen. Sie findet, dass das Liebe ist. Dir macht es Angst.   

  • Wenn ihr euch streitet, holt dein Freund Fehler hervor, die du vor langer Zeit mal gemacht hast, um die Diskussion zu gewinnen und dir ein schlechtes Gewissen zu machen.   

  • Dein Partner will deine Passwörter wissen und deine Nachrichten checken, zum Beispiel für dein Handy, deinen Computer, deine Social Media Accounts oder für dein Emailpostfach.   

  • Wenn du nicht machst, was deine Partnerin will, wird sie kalt und abweisend und entzieht dir Liebe und Aufmerksamkeit.   

  • Wenn dein Freund getrunken hat, hast du Angst vor seinem unberechenbaren Verhalten. Du schämst dich für sein Verhalten in der Öffentlichkeit, aber hast auch Angst, etwas zu sagen, weil die Reaktion jederzeit in Aggressionen dir gegenüber umschlagen kann.   

  • Manchmal leugnet dein Partner, bestimmte Sachen gesagt oder getan zu haben – und du vertraust deinem Gedächtnis nicht mehr. Hast du das wirklich getan? Oder hast du es nur vorgehabt, dann aber vergessen? Eigentlich meinst du, dich erinnern zu können, aber die Person, mit der du zusammen bist, behauptet immer wieder das Gegenteil und macht dich damit ganz unsicher. Dieses Verhalten ist leider sehr häufig und wird Gaslighting genannt. Wenn du das erlebst, sei sehr vorsichtig und vertrau dich einer Person an, der du vertraust oder schreib dir auf, worum es geht.   

Wenn du dich und deine Beziehung in diesen Beschreibungen wiedererkannt hast: hör auf dein Gefühl und vertraue dich einer anderen Person an. Viele Menschen denken, sie wären die einzigen, denen es in ihrer Beziehung so geht, weil diejenigen, die Gewalt ausüben, gezielt dafür sorgen. Denn wenn du denkst, dass du allein bist oder es an dir liegt, gibt es kein Risiko, dass sie ihr Verhalten ändern oder Konsequenzen dafür tragen müssen – aber du bist nicht allein. Es gibt sehr viele Leute, denen es genauso geht wie dir! 

Wichtig ist: es ist nicht deine Schuld, und es gibt eine ganze Reihe Angebote, die dich unterstützen. Es geht jetzt um dich und darum, was du machen möchtest. Du bist zu nichts verpflichtet – aber ich bin für dich da und kann dich mit der richtigen Hilfe verbinden.   

Zusammen können wir deine nächsten Schritte planen.

Wenn du wissen willst, was deine Rechte sind

Vom Recht auf körperliche Unversehrtheit bis zum Recht darauf, dass eine Straftat gegen dich verfolgt wird – in Deutschland hast du, wenn du von Gewalt betroffen bist, einige Rechte, die dich schützen können und die du durchsetzen kannst.  

Es ist wichtig über deine Rechte Bescheid zu wissen, deswegen findest du hier einen kurzen Überblick. 

Vom Recht auf körperliche Unversehrtheit bis zum Recht darauf, dass eine Straftat gegen dich verfolgt wird – in Deutschland hast du, wenn du von Gewalt betroffen bist, einige Rechte, die dich schützen können und die du durchsetzen kannst.  
Es ist wichtig über deine Rechte Bescheid zu wissen, deswegen findest du hier einen kurzen Überblick. 

Der Rechtsweg ist nicht für alle der richtige Weg. Aber vielleicht für dich

Sexualisierte Gewalt zu erfahren ist belastend und fühlt sich zu Recht wie großes Unrecht an. Deine Selbstbestimmung und deine Freiheit wurden verletzt, weil eine andere Person beschlossen hat, sie dir wegzunehmen. Jede Reaktion, die du jetzt hast, ist verständlich.

Vielleicht bist du erschöpft, müde, panisch, traurig, wütend, leer. Vielleicht fühlst du dich erst recht motiviert, den Rechtsweg zu gehen und ein gewisses Gefühl der Gerechtigkeit zu erreichen. Vielleicht willst du einfach nur allein sein, das Geschehene für dich verarbeiten, und dich nicht noch weiterer Belastung aussetzen. Personen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben und den Weg durch das Rechtssystem gegangen sind, berichten Unterschiedliches. Manche fühlen sich dadurch noch unsichtbarer, für manche ist es ein wichtiger und befreiender Schritt, mit dem Erlebten abzuschließen. Du kennst dich selbst am besten. Ob du anzeigen willst oder nicht – wenn du deine Rechte kennst, kannst du sie durchsetzen.

Das Recht in Deutschland

In Deutschland stellen viele Formen der Gewaltanwendung eine Straftat dar, die verfolgt werden können. Du hast das Recht darauf, dass gegen eine Straftat vorgegangen wird. Das deutsche Rechtssystem ist lange nicht perfekt, und es gibt teilweise große Lücken darin, wie das Recht angewendet wird. Zum Beispiel wurde Vergewaltigung in der Ehe in Deutschland erst in den Neunzigerjahren unter Strafe gestellt. Auch wenn nicht jede Handlung, die du nicht in Ordnung findest, eine Straftat darstellt und verfolgt werden kann, kann der Rechtsweg ein starkes Mittel sein, um dich und andere zu schützen. Mir ist wichtig, dass du über alle deine Handlungsmöglichkeiten Bescheid weißt, damit du den Weg gehen kannst, der für dich am besten ist.

Die Spurensicherung kann vertraulich sein

Für einen späteren Gerichtsprozess ist es sehr hilfreich, wenn Spuren und Beweise an deinem Körper sichergestellt werden konnten. Dazu gehören Verletzungen, die du hast, und zum Beispiel Körperflüssigkeiten der Tatperson. Wichtig: für eine vertrauliche Spurensicherung, die eine sogenannte gerichtsfeste Dokumentation anfertigt, musst du nicht zur Polizei gehen. Sie kann auch in einem Krankenhaus oder bei einer Ärzt*in gemacht werden. Wir empfehlen dir, dich zuerst um deine Gesundheit und dein Wohlbefinden zu kümmern, die Spuren dokumentieren zu lassen, und dich mit einer Opferschutzeinrichtung in Verbindung zu setzen, bevor du eine Anzeige bei der Polizei aufgibst. So hast du die beste Aussicht darauf, dass aus deiner Anzeige die angemessenen Konsequenzen für die Tatperson entstehen und du die Gerechtigkeit bekommst, die dir zusteht.

Sicher und selbstbewusst zur Polizei gehen

Ich empfehle dir, dich mit einer Opferschutzeinrichtung in Verbindung zu setzen, bevor du eine Anzeige bei der Polizei aufgibst. So hast du die beste Aussicht darauf, dass deine Anzeige tatsächlich Konsequenzen nach sich zieht. Eine Einrichtung für Betroffene kann dir helfen, zum Beispiel eine Anwält*in zu finden, und dich auch sonst mit Möglichkeiten für Therapie und Verarbeitung verbinden. Sie können dir aber außerdem auch finanzielle Hilfe bereitstellen.

Manchen Menschen kann schon die Vorstellung, zur Polizei zu gehen, Angst machen und führt zu emotionalem Stress. Besonders Personen of Color und migrantische Personen sind in Deutschland von Polizeigewalt betroffen. Aber auch ganz allgemein kann für jeden Menschen Kontakt mit der Polizei belastend sein. Es gibt leider keine Garantie dafür, dass die Beamt*innen sensibel mit deiner Situation umgehen.

Der beste Weg, mit der Polizei Kontakt zu haben, ist nicht allein zur Anzeige und anderen Terminen zu gehen, und es ist ganz allein deine Entscheidung und niemand darf dich unter Druck setzen, irgendetwas zu tun. Nimm eine befreundete Person mit, eine Person aus einer Beratungsstelle oder eine Anwält*in. Diese Person kann dir helfen, die Fragen zu beantworten, die dir schwerfallen und dich dabei zu unterstützen, keine Fragen zu beantworten, die du unangenehm findest oder die nicht angemessen sind. Unter Stress kann es schwer sein, die eigenen Grenzen zu erkennen und durchzusetzen. Deswegen ist es gut, wenn eine Person dabei ist, die deine Grenzen kennt.

Das sind deine Rechte

Wenn du diesen Weg nicht gehen möchtest, ist das vollkommen okay. Ein Ermittlungsverfahren oder ein Gerichtsprozess können sehr anstrengend sein, und dich immer wieder an die traumatische Erfahrung erinnern. Ob es die richtige Entscheidung für dich ist, kannst du mit diesen Informationen herausfinden – denn deine Rechte kannst du nur durchsetzen, wenn du sie auch kennst.  

  • Wenn du in Gefahr bist, kannst du die Polizei rufen

Über die 110 erreichst du den Notruf der Polizei. Wenn du nicht in akuter Gefahr bist oder das Geschehene schon länger her ist, hat die Polizei in deinem Ort auch eine normale Telefonnummer, die du jederzeit anrufen kannst. Du findest sie ganz einfach online, wenn du deine Postleitzahl mit angibst. Wenn du dir noch unsicher bist, ob du Kontakt mit der Polizei haben möchtest, kann dir eine Beratung in einer Beratungsstelle vielleicht weiterhelfen.  

Natürlich musst du nicht unbedingt selbst bei der Polizei anrufen. Das kann auch eine andere Person wie eine Freundin oder ein Nachbar für dich übernehmen. Was dir oder der anderen Person, die anruft, bewusst sein sollte ist, dass die Polizei verpflichtet ist, gegen Gefährdungen vorzugehen. Das heißt, dass du dir vorher sicher sein solltest, ob das der richtige nächste Schritt ist. 

  • Du kannst die gewalttätige Person aus der Wohnung verweisen lassen. Selbst, wenn es nicht deine ist

Das erste, was die Polizei tun kann, wenn sie von Gewalt erfährt, ist die gewalttätige Person zu entfernen. Unabhängig davon, wem eine Wohnung oder Haus gehört oder wer sie mietet, muss die gewalttätige Person eine Tasche packen und für bis zu drei Tage die Wohnung verlassen. Wie viele Tage es in deinem Bundesland sind, kann dir die örtliche Polizei sagen. Dann kannst du erstmal durchatmen, dich sammeln, eventuell sogar ausziehen und dich in Sicherheit bringen.  

  • Du kannst die gewalttätige Person festnehmen lassen

Die Polizei kann die gewalttätige Person in Gewahrsam nehmen, damit du erstmal sicher bist. Bitte die Polizei, dir Bescheid zu geben, bevor die Person entlassen wird oder dir zu sagen, falls das nicht möglich ist. Dafür musst du die Person nicht anzeigen.  

  • Du kannst veranlassen, dass dich die gewalttätige Person nicht kontaktieren darf

Die Polizei kann veranlassen, dass die gewalttätige Person. sich dir und deiner Wohnung nicht nähern darf und auch keinen Kontakt zu dir aufnehmen darf. Das nennt man ein Kontaktverbot. Das gleiche gilt übrigens auch für Kinder, die bei euch wohnen und für die ihr sorgt. 

  • Du kannst die Person anzeigen

Du kannst das Geschehene anzeigen, auch wenn der Vorfall schon einige Zeit oder sogar Jahre zurückliegt. Eventuell musst du aber auf verschiedene Verjährungsfristen achten. Eine Anzeige ist der erste Schritt, wenn du den Rechtsweg gehen willst. Du kannst zum Beispiel wegen Körperverletzung, Nötigung, Freiheitsberaubung oder Vergewaltigung Anzeige erstatten.

So funktioniert es, eine Anzeige aufzugeben

  • Du musst für eine Anzeige nicht auf die Wache gehen, sondern kannst die Polizei auch bitten, erstmal zu dir zu kommen. Das fällt einigen Betroffenen von Gewalt deutlich leichter. Ein Recht darauf hast du aber leider nicht. In manchen Bundesländern kann eine Anzeige allerdings auch online aufgegeben werden.  

  • Bei der Vernehmung durch die Polizei hast du das Recht, eine Begleitperson dabei zu haben. Also eine vertraute Person wie eine Freund*in oder Familienmitglied, eine Person vom Opferschutz, oder eine Anwält*in. 

  • Wenn du eine Anzeige aufgeben möchtest, kannst du darum bitten, das bei einer Person des gleichen Geschlechts zu tun. Die Polizeibeamt*innen werden deine Bitte in der Regel berücksichtigen. Weil es weniger weibliche Polizistinnen als männliche Polizisten gibt, kannst du vorher anrufen und Bescheid sagen, dass du bei einer Polizistin Anzeige erstatten möchtest. Sie sagen dir dann, ob und wann eine Frau im Dienst ist oder von einem anderen Revier dazu geholt werden kann. Es kann möglicherweise sein, dass die Dienststelle gesonderte Regelungen für queere oder trans Personen hat, aber das ist nicht garantiert. Hier kann dir deine Begleitperson helfen, mit den Polizist*innen zu kommunizieren.  

  • Wenn du eine Person of Color bist und legitime Bedenken bei Kontakt mit der Polizei hast, kann dich die Anwesenheit einer Begleitperson unterstützen. Außerem kannst du bei der Antidiskriminierungstelle beraten werden.  

  • Wenn du wenig oder kein Deutsch sprichst oder verstehst, hast du außerdem das Recht darauf, dass für die Strafanzeige eine Person zur Übersetzung bei den Gesprächen mit der Polizei dabei ist. Wenn du keinen sicheren Aufenthaltsstatus hast, dann gibt es zusätzliche Begleitung, die dich beim Kontakt mit der Polizei unterstützen können. 

Wenn du dich dazu entschließt, Strafanzeige bei der Polizei zu erstatten, beginnt diese in der Regel damit, dass du Angaben zu deinen Personalien machst. Im Anschluss wirst du darum gebeten, so genau wie möglich zu erzählen, was passiert ist und welche Personen involviert waren bzw. wie diese aussahen. Meistens stellen die Polizeibeamt*innen dir dabei detaillierte Rückfragen, um sicherzustellen, dass sie ein möglichst realitätsnahes Bild vom Sachverhalt haben und ihnen nichts entgeht. Das bedeutet nicht, dass die Beamt*innen dir nicht glauben, sondern dass sie alle relevanten Umstände so genau wie möglich kennen müssen.  

Du bekommst eine Bestätigung über die Strafanzeige, auf der sich die Vorgangsnummer und Kontaktinformationen der aufnehmenden Stelle befinden. An diese kannst du dich auch später noch wenden, falls dir weitere Details eingefallen sind. Die Beamt*innen erstellen ein schriftliches Protokoll deiner Aussage, das du am Ende unterschreiben musst. Der Zeitaufwand für eine Strafanzeige ist sehr unterschiedlich. Du kannst auch mehrere Straftaten gleichzeitig anzeigen. In der Regel dauert es aber nicht länger als eine Stunde. 

Das passiert, nachdem du die Anzeige aufgegeben hast

Wenn du deine Anzeige gemacht hast, beginnt die Polizei mit ihren Ermittlungen. Sei dir bewusst, dass die Polizei, wenn sie von einer Straftat erfährt, verpflichtet ist, dagegen vorzugehen. Wenn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, hast du in der Regel keine einfache Möglichkeit, es zu stoppen. Wenn es sich um eine schwere Straftat wie eine Vergewaltigung oder schwere Körperverletzung handelt, hat die Öffentlichkeit ein Interesse daran, dass diese verfolgt wird, und die Polizei muss dem nachgehen. Du kannst dann zwar deine Strafanzeige zurückziehen, die Ermittlungen werden jedoch in aller Regel von Amts wegen fortgeführt. Lediglich bei nicht so schwerwiegenden Straftaten, die nur aufgrund deines Strafantrages verfolgt werden, können die Ermittlungen eingestellt werden, wenn du deinen Strafantrag zurückziehst. Beachte aber, dass ein zurückgezogener Strafantrag nicht nochmal gestellt werden kann. 

So erfährst du, ob Anklage erhoben wird

Nach deiner Anzeige kann es einige Zeit dauern, bis entschieden wird, ob Anklage erhoben wird. Und es kann auch sein, dass das gar nicht erst geschieht, zum Beispiel weil es keine ausreichenden Beweise gibt und es deshalb keine Verurteilung geben könnte. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft wird dir per Post zugeschickt. Wenn das für dich ein Risiko ist, weil jemand den Brief finden könnte, sprich vorher unbedingt mit einer Beratungsstelle. Vielleicht ist es möglich, ihre Adresse anzugeben. Ebenso solltest du mit ihnen sprechen, wenn die angezeigte Person deine Adresse nicht erfahren darf. 

Falls keine Anklage erhoben wird

Sollte die Staatsanwaltschaft keine Anklage erheben, kannst du dagegen Beschwerde einlegen, aber es gibt keine Garantie, dass das funktioniert. Dann kannst du ein Klageerzwingungsverfahren einleiten. In manchen Fällen kann es auch sein, dass die Staatsanwaltschaft keine Anklage erhebt, du aber eine Privatklage anstreben kannst.  

Auch hier kann dir jemand mit rechtlichem Verständnis oder eine Person aus einer Beratungsstelle mehr zu deinem Fall sagen. Wenn die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt, dauert es einige Zeit, bis es zu einer Gerichtsverhandlung kommt.  

Sobald Anklage erhoben wurde, hast du als Opfer von Gewalt folgende Rechte: 

  • Du hast das Recht, von Anfang an von Organisationen unterstützt zu werden, die Betroffenen helfen

Das kann zum Beispiel in Form von einer Beratung sein oder indem dir zunächst eine Unterkunft zu Verfügung gestellt wird – zum Beispiel in einem Schutzhaus. Auch die Vermittlung medizinischer oder psychologischer Hilfe kann dazugehören, ebenso wie andere Dinge, die du gerade brauchst.  

  • Du hast das Recht darauf eine Anwält*in hinzuzuziehen – und wenn du dir das nicht leisten kannst, gibt es Hilfsangebote  

Du musst vor Gericht nicht allein auftreten, sondern kannst dich von einer Anwält*in beraten und rechtlich vertreten lassen. Wenn du eine Rechtsschutzversicherung hast, wird zumindest ein Teil der Kosten von der Versicherung übernommen. Darüber kannst du dich bei deiner Versicherung informieren. Wenn du keine Rechtsschutzversicherung hast und unter einer bestimmten Einkommensgrenze liegst, kann dir der Verein “Weißer Ring” einen Scheck für eine kostenlose Erstberatung ausstellen. Auch bei den Kosten für den Prozess können sie dir helfen. Möglicherweise hast du dann auch Anspruch auf einen Beratungsschein nach dem Beratungshilfegesetz für eine anwaltliche Beratung vor einem Gerichtsprozess. Bei den meisten Gerichten gibt es auch Zeugenberatungsstellen, die Betroffene und Zeug*innen beraten, begleiten und betreuen, vor allem während des Gerichtsverfahrens. 

  • Du hast in manchen Fällen das Recht, Nebenkläger*in zu werden und damit zusätzliche Rechte zu bekommen

Bei einer Gerichtsverhandlung ist der Staat in Deutschland der Hauptkläger, während Betroffene als Zeug*innen auftreten. Als Nebenkläger*in hast du mehr Rechte als nur als Zeug*in. Durch die Erhebung einer Nebenklage kannst du, oder deine Anwält*in als sogenannte Nebenklagevertretung, zum Beispiel Akteneinsicht oder Informationen über den Stand des Verfahrens bekommen, eigene Beweisanträge stellen, den Ausschluss der Öffentlichkeit oder eine Aussage außerhalb des Gerichtssaals beantragen. So kannst du am Verfahren aktiv teilnehmen und deine Rechte eher durchsetzen als nur als Zeug*in. 

  • Du kannst das Recht darauf haben, beim Prozess psychisch und praktisch unterstützt zu werden

Du kannst nicht nur rechtlich, sondern auch psychologisch beim Prozess begleitet werden, weil der Staat anerkennt, dass Opfer von sexualisierter Gewalt im Rechtssystem zusätzlichen Schutz und Entlastung brauchen. Eine psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besonders intensive Begleitung, die sich vor, bei und nach der Verhandlung um dich kümmert. Sie ersetzt also nicht deine rechtliche Vertretung, sondern begleitet dich über die normale juristische Betreuung hinaus. Diese Begleitung wird vom Gericht in bestimmten Fällen auf Antrag angeordnet und ist dann für dich kostenfrei. 

  • Du hast ein Recht auf Information zu deinem Fall

Du kannst bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft einen Antrag stellen und darin nach Informationen zu dem aktuellen Stand deines Falles fragen. Die kontaktierte Stelle ist dann verpflichtet dir bestimmte Informationen mitzuteilen. 

  • Du hast das Recht darauf, vor weiterer Gewalt, Einschüchterung und Rache geschützt zu werden 

Während des Prozesses hast du das Recht vor der Person geschützt zu werden, die dir Gewalt angetan hat – und ebenso vor anderen Menschen, die für dich eine Gefahr darstellen könnten. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dass du nicht persönlich mit der beschuldigten Person konfrontiert werden musst, das ist von den konkreten Umständen deines Falles abhängig. So kann es zum Beispiel sein, dass du bei der Ermittlung oder während des Gerichtsverfahrens in Anwesenheit der gewalttätigen Person befragt wirst. Wenn du dir darüber Sorgen machst, sprich darüber am besten mit deinem rechtlichen Beistand.  

  • Du hast das Recht, Geld als Ausgleich zu bekommen 

Betroffene von Gewalt müssen sich häufig mit ganz neuen Lebensumständen zurechtfinden, Kosten tragen, die ganz schön belastend sein können oder haben vielleicht weniger Kraft und Zeit für die Arbeit. Deshalb hast du ein Recht darauf, einen finanziellen Ausgleich zu erhalten. 

Entweder kann dir im Urteil am Ende Geld zugesprochen werden, oder du kannst eine sogenannte Wiedergutmachungsleistung erhalten. Natürlich kann Geld nicht ungeschehen machen, was passiert ist. Es kann aber helfen, das Gefühl zu bekommen, mit der Erfahrung abgeschlossen zu haben und nicht noch finanzielle Nachteile in die Zukunft schleppen zu müssen. Meist ist so ein Ausgleich jedoch eher enttäuschend klein. Nichtsdestotrotz solltest du deine rechtliche Vertretung fragen, was möglich ist.  

Wenn du nach Wegen suchst, dich selbst zu unterstützen

Damit du so gut wie möglich mit deiner Situation umgehen kannst, hast du einige Möglichkeiten, dich selbst zu unterstützen und auch Unterstützung bei anderen zu finden. Angefangen bei Dingen, die dir kurz nach einer Gewalterfahrung helfen können bis hin zu Möglichkeiten, die dich auch noch viele Jahre später entlasten können: Hier findest du ein paar kurze Vorschläge. 

Damit du so gut wie möglich mit deiner Situation umgehen kannst, hast du einige Möglichkeiten, dich selbst zu unterstützen und auch Unterstützung bei anderen zu finden. Angefangen bei Dingen, die dir kurz nach einer Gewalterfahrung helfen können bis hin zu Möglichkeiten, die dich auch noch viele Jahre später entlasten können: Hier findest du ein paar kurze Vorschläge. 

Wie du mit Trauma umgehen kannst 

Es gibt nicht die eine richtige Art und Weise sich zu verhalten, wenn man Gewalt erlebt oder erlebt hat. Gewalterfahrungen können traumatische Erlebnisse sein, und der Umgang mit Trauma ist etwas sehr Persönliches. Das wichtigste ist: vertrau deinem Gefühl. Wenn deine Intuition dir sagt, dass etwas nicht stimmt, dann nimm sie ernst, denn sie ist da, um dich zu schützen. Du fühlst dich in deiner Beziehung unwohl, nervös, angespannt oder hast das Gefühl, in Gefahr zu sein? Dann läuft etwas falsch – auch, wenn du vielleicht noch nicht genau sagen kannst, was. Such dir Hilfe, denn es gibt Menschen, die dich auf deinem Weg unterstützen und begleiten können. Hier sind ein paar Dinge, mit denen du für dich sorgen und die Unterstützung finden kannst, die du brauchst.  
 

Wenn du dich akut bedroht fühlst, ruf den Rettungsdienst oder die Polizei an 

Bei unmittelbarer großer Gefahr kann das eine Möglichkeit sein, dich zu schützen. Über die 112 erreichst du den Rettungsdienst und über die 110 den Notruf der Polizei – kostenlos und selbst, wenn du keinen Empfang mit deinem Netzbetreiber hast. Du kannst entweder selbst anrufen oder jemand anderes kann das für dich übernehmen. Kontakt mit der Polizei ist nicht in allen Situationen ideal oder gar möglich, kann aber dabei helfen, dich in Sicherheit zu bringen. Zum Beispiel kann die Polizei die gewalttätige Person aus der Wohnung verweisen, damit du erstmal durchatmen und dich in Sicherheit bringen kannst.  
 

Stell deine Gesundheit an erste Stelle 

Wenn du Verletzungen durch körperliche oder sexualisierte Gewalt hast oder sich dein Körper nicht anfühlt wie sonst, geh zu deiner Hausärzt*in, Gynäkolog*in oder Urolog*in – oder bei einem Notfall ins Krankenhaus. Sie können dir weiterhelfen und dich beraten. Nicht für alle Menschen ist es einfach, mit dem Gesundheitssystem zu interagieren, weil sich auch Mitarbeitende in ärztlichen Praxen oder im Krankenhaus diskriminierend verhalten können. Deswegen ist es umso wichtiger, dass dir jemand den Rücken stärkt. Wenn du dich unwohl fühlst, allein zu gehen, bitte eine Vertrauensperson zur Begleitung mitzukommen.  

Wenn du möchtest, können dir Mediziner*innen auch Informationen geben, wo du in deiner Stadt oder Umgebung eine vertrauliche Spurensicherung machen kannst.   

Aber auch, wenn es keine Verletzungen gibt, leidet deine Gesundheit unter einer gewalttätigen Beziehung. Dein Stresslevel ist erhöht und du hast weniger Zeit und emotionale Energie, um dich um sonst normale Dinge wie gutes Essen und Bewegung zu kümmern – von Entspannung, die jeder Mensch verdient und braucht, mal ganz abgesehen. Traumatische Erfahrungen können sich auch in deinem Körper festsetzen. Deinen Körper zu bewegen und zu spüren kann dich wieder in den gegenwärtigen Moment holen und dich bei der Bewältigung deiner Erfahrungen unterstützen.   

Die meisten Betroffenen versuchen, sich im Alltag abzulenken und mit dem Erlebten umzugehen, was oft in ungesunde Bewältigungsstrategien führt. Es kann sein, dass du zu wenig isst, zu viel Alkohol oder Drogen konsumierst, oder dich in andere Dinge entfliehst, die sich wie Kontrolle oder Entlastung anfühlen, dir aber auch schaden können.  

Wenn du es kannst, lass deine Gesundheit bei einer medizinisch ausgebildeten Person abchecken, die dich über längere Zeit dabei begleiten kann, liebevoll und schützend mit deinem Körper umzugehen.   

Aber nicht nur deine körperliche, sondern auch deine seelische Gesundheit ist wichtig. Ruf dir immer wieder in Erinnerung, dass die Gewalt nicht deine Schuld ist. Mach dir bewusst, dass du es verdienst, mit Respekt behandelt zu werden. Erinnere dich jeden Tag daran, dass nichts, was du getan hast, Gewalt rechtfertigen kann und sie dich nicht definiert. Umgib dich mit Personen, die dir guttun und dich darin bestärken, das zu tun, was sich für dich richtig anfühlt.  
 

Du entscheidest, was passieren soll 

Es kann sein, dass es für dich (noch) keine Option ist, die Beziehung zu beenden. Vielleicht bist du noch nicht bereit, dich von der Person zu lösen. Vielleicht gibt es äußere Umstände, zum Beispiel Geld, die eine Trennung erschweren. Oder es ist gefährlich für dich, jetzt Schluss zu machen, denn oft steigt die Gewaltbereitschaft eines gewalttätigen Menschen, wenn man versucht, zu gehen. Egal, was der Grund ist – wenn du die Beziehung erstmal nicht verlassen kannst oder möchtest, solltest du dir Unterstützung suchen. Auch, wenn es dir erstmal Angst macht oder schwerfällt.   

Welche Art von Unterstützung dir helfen würde, kommt ganz darauf an, in welcher Situation du bist und was dir dein Gefühl sagt. Die gute Nachricht ist, dass es Menschen gibt, die deine Situation verstehen werden. Ob sie persönliche Erfahrungen mit Gewalt haben oder in einer Organisation für Betroffene arbeiten: sie tun genau das – und auch nur das – was du möchtest. Egal, ob es Recherche, Begleitung zu Terminen oder Zuhören ist.  
 

Sprich darüber, was dir passiert, um dich von der Einsamkeit zu befreien, die Schweigen mit sich bringt 

Wenn du kannst, erzähle jemandem davon, was du erlebst – natürlich nur, solange du dich wohl und sicher damit fühlst. So kannst du eine selbstständige Deutung der Situation schaffen, unabhängig davon, was für eine Sichtweise dir die andere Person in deiner Beziehung vermittelt. Es kann sich sehr erleichternd anfühlen, nicht mehr für sich zu behalten, was einem passiert ist oder immer noch passiert.   

Manche Personen sind davon überfordert, wenn man schlimme Erlebnisse und große Gefühle mit ihnen teilt. Es kann sein, dass sie nicht so reagieren, wie du hoffst, und verletzende Dinge sagen. Merk dir: es ist nicht deine Schuld. Manche deiner Bedürfnisse können deine Freund*innen und Familie auffangen. Aber es ist auch wichtig, dir professionelle Hilfe zu suchen, und sei es nur zu einem Gespräch. Du kannst zum Beispiel deiner Hausärzt*in, der Vertrauenslehrer*in in der Schule oder einer Mitarbeiter*in beim Hilfetelefon davon erzählen. 
 
Und natürlich gibt es Beratungsstellen, die dir helfen können. Personen, die selbst Betroffene von Gewalt sind, können vielleicht am besten nachvollziehen, wie es dir jetzt geht. Trauma redet uns ein, dass wir die einzige Person sind, die so fühlt, und dass es uns nie besser gehen kann. Der direkte Austausch mit anderen kann dir helfen, dich nicht allein zu fühlen und wirklich verstanden zu werden. Trauma entgegnen wir am besten mit Gemeinschaft und Zusammenhalt.  

Vielleicht hast du das Gefühl, einfach nicht über deine Erfahrungen sprechen zu können. Die Anonymität einer Selbsthilfegruppe oder eines Onlineforums kann helfen, dich zu überwinden und zu öffnen.  
 

Lass dir deine Fragen beantworten und dich unterstützen 

In einer Beratungsstelle findest du nicht nur Menschen, die dir zuhören, sondern auch Expert*innen, die sich mit Situationen wie deiner sehr gut auskennen. Sie helfen dir kostenlos und wenn du möchtest auch anonym und können eine Anlaufstelle für dich sein, an die du dich immer wieder wenden kannst.  

Egal, ob du Hilfe dabei möchtest, in deiner Beziehung sicherer zu sein oder Unterstützung brauchst, dich auf eine Trennung vorzubereiten: in Beratungsstellen findest du Menschen, die dir individuell helfen können. Sie können zum Beispiel für dich recherchieren, was du wissen möchtest und mit dir durchsprechen, was dich zurückhält, dich von der gewalttätigen Person zu trennen – egal ob emotional, organisatorisch, finanziell oder was dir sonst noch Sorgen macht. Denn für eine Trennung braucht man viel Mut und Kraft und eine sichere Anlaufstelle. Wenn du in Gefahr bist, können sie für dich auch einen Platz im Schutzhaus finden.   

Nicht immer ist jedes Beratungsangebot das richtige für dich. Wenn du von Diskriminierung betroffen bist oder dir Sorgen machst, in einer Beratungsstelle auf Diskriminierung zu treffen, kannst du bei der Antidiskriminierungsstelle beraten werden. 
 

Nimm dir Zeit, aufzuschreiben, was passiert (ist) 

Schreib auf, was du in deiner Beziehung erlebst. Du kannst zum Beispiel ein Tagebuch führen, wenn du einen sicheren Aufbewahrungsort dafür hast, aber du kannst auch digital Notizen machen, wenn du sicher bist, dass dein Handy oder Computer nicht überwacht werden.  

Typisch für Gewalt in Beziehungen ist, dass die gewalttätige Person der betroffenen Person über Monate oder Jahre hinweg vermittelt, dass sie die Realität falsch wahrnimmt. Das nennt man “Gaslighting”. Durch Gaslighting wird die betroffene Person gezielt verwirrt und verunsichert, bis sie der eigenen Wahrnehmung irgendwann selbst nicht mehr traut. Wenn du nicht weißt, ob deine Wahrnehmung der Situation richtig ist oder du deiner Einschätzung nicht ganz traust, kann der Grund dafür Gaslighting sein. Dann kann es sehr helfen, die eigenen Erfahrungen schwarz auf weiß vor sich zu haben und sich versichern zu können, dass die eigenen Erinnerungen stimmen. Zum Beispiel kannst du festhalten, was wann genau passiert ist, was wer gesagt oder getan hat und wie du dich gefühlt hast. Und solltest du dich später dazu entscheiden eine Anzeige aufzugeben, können deine Aufzeichnungen vielleicht sogar als Beweis in einem Verfahren verwendet werden.  
 

Du findest Schritt für Schritt deinen eigenen Weg 

Auch, wenn es vielen anderen Menschen ähnlich geht wie dir, ist deine Situation anders als jede andere. Nur du kannst wissen, was sich für dich richtig anfühlt. Vielleicht ist dir einfach danach, dich online mit anderen auszutauschen. Oder du bist ein Mensch, der gerne Bücher zu einem Thema liest. Vielleicht kannst du dir vorstellen, Teil einer Gruppe von Menschen zu werden, die sich regelmäßig treffen und darüber sprechen, was sie erlebt haben. Oder du bekommst den Kopf frei, wenn du dich in der Natur bewegst. 
 
Die Möglichkeiten für das, was dir helfen könnte, sind endlos, und was jemand anderem geholfen hat, kann für dich völlig irrelevant sein – hör auf dein Gefühl und geh den Weg, der dir guttut. Egal, wie er aussieht. 

Es gibt Menschen, die dir helfen und dich unterstützen können

Wenn du nach diesem Überblick das Gefühl hast, dass dir die Infos weitergeholfen haben, kann ich dir gerne noch mehr zu unterschiedlichen Unterstützungsangeboten, Hilfestellen und anderen Möglichkeiten zeigen.